Auszeichnung vorbildlicher Bauten NRW 2015
In prominenter Nachbarschaft von Rathaus und Dom ist mit dem Centre Charlemagne keine weitere Architekturikone entworfen, sondern eine der Situation würdige Stadtreparatur vorgenommen worden, die das Gebäudeensemble in Zukunft trägt.
Die Jury
Route Charlemagne
Das neue Centre Charlemagne ist Teil der Route Charlemagne. Diese bezeichnet ein Gebäude-Ensemble in der Aachener Innenstadt, das anhand herausragender Bauten die Entwicklung Aachens als europäische Stadt nachzeichnet. Am Katschhof zwischen Dom und Rathaus gelegen, beherbergt das Centre Charlemagne neben der zentralen Informationsstelle für Bürger- und Besucher*innen das neue Stadtmuseum Aachens. Dazu wurde das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude aus den 1960er Jahren von Prof. Gerhard Graubner umfassend saniert, umgebaut und erweitert. Neben der Integration des Museums in die Strukturen des bestehenden Verwaltungsgebäudekomplexes beinhaltete die komplexe Bauaufgabe die Unterbringung eines neuen Bürgerservices und den Verbleib der Verwaltungsnutzung in den Obergeschossen.
Transparenz im Denkmalschutz
Die neue Erschließung des Gebäudekomplexes erfolgt für das Museum vom Katschhof und für den Bürgerservice und die Verwaltung über einen neuen Haupteingang an der Johannes-Paul-II.-Straße. Nach Außen zeigen sich die neuen Nutzungen durch großzügige Öffnungen in der bestehenden Bausubstanz. Schwerpunkte hierbei bilden ein gläserner Vorbau zum Katschhof, der den Haupteingang des Museums markiert und das Museumscafé auf das Niveau des Platzes bringt und eine zweigeschossige Verglasung an der Johannes-Paul-II.-Straße, die den Haupteingang der Verwaltung markiert und den Bürgerservice transparent macht. Neben den Glasflächen ist das bestimmende Material der neuen Fassaden Edelstahl, mit einer glasperlgestrahlten Oberfläche, welches in seiner Wertigkeit neben den bestehenden Materialien Sandstein und Baubronze bestehen kann.
Römisches Wegenetz und Kompassrose
Um die Ausstellungsflächen von circa 1.000 m² bei ausreichender Raumhöhe im Gebäude unterbringen zu können, wurde eine Absenkung auf das Untergeschossniveau und eine fast vollständige Überbauung des Innenhofs realisiert. Die dreieckige Form dieser Fläche ist – wie auch die z.B. des Marktplatzes – geprägt von Überlagerung der historischen Ausrichtung des römischen Wegenetzes und der an der Kompassrose ausgerichteten Lage der ehemaligen Kaiserpfalz. Diese für den Aachener Stadtgrundriss typische Dreiecksform wird im Ausstellungsbereich besonders herausgearbeitet. Die Ausstellung zur Stadtgeschichte zeichnet so – im übertragenen Sinne – „historische Straßen“ nach.
Blick auf den Marienturm
Das Innere des Wechselausstellungsbereichs ist neutral gestaltet und so für unterschiedliche Ausstellungsformen geeignet. Die sichtbare Dachkonstruktion besteht aus einem Raumtragwerk aus dreieckigen, den Grundriss aufnehmenden Stahlelementen. Ein Oberlicht in diesem Raumtragwerk richtet den Blick auf den Marienturm des Rathauses. Die Innenräume des Museums werden im Wesentlichen durch die Materialien glasperlgestrahlter Edelstahl, Naturstein, weiß verputzte Wände und Decken sowie schwarz beschichtete Einbauten geprägt. Es wurde bewusst eine zurückhaltende Farbgebung gewählt, um der vielfältigen Gestaltung der Ausstellungsarchitektur Raum zu geben.
Das Centre Charlemagne ist Aachens erstes vollständig nach Museums-konservatorischen Gesichtspunkten klimatisiertes Museum.
Bürgerservice
Zur Realisierung der Flächen für den neuen Bürgerservice wurde das Bestandsgebäude über zwei Geschosse vollständig entkernt. Zur Straßenseite wurde die massive Geschossdecke entfernt. Der so entstandene hohe Innenraum sorgt in Verbindung mit der transparenten Fassade für einen großzügigen Raumeindruck. Auch hier finden sich die Materialien des Museums, Glas, Edelstahl und Naturstein, wieder. Zusätzlich werden durch Verkleidungen und Einbauten aus Eiche sowie rot gepolsterte Sitzmöbel Akzente gesetzt.
Bauherr: Stadt Aachen
Auszeichnung vorbildlicher Bauten NRW 2015
Leistungen: Generalplanung Lph. 1-9
Honorarzone: IV
Projektfotos: Jörg Hempel